Horatio Hornblower und ein Marsch über die Alpen – Am Anfang war ein Seeheld…
Was haben ein fiktiver Seeheld der napoleonische Kriege und ein experimenteller Römermarsch über die Alpen gemeinsam? Auf den ersten und zweiten Blick nichts, aber sie bildeten die Inspiration für das Buch Centurio der XIX Legion.
Die Idee:
Bei dem Seehelden handelt es sich um Forresters Horatio Hornblower der in elf Büchern vom Fähnrich zum Admiral aufsteigt. Zwei Aspekte haben mich an dieser Reihe immer fasziniert: 1. die Detailgenauigkeit mit der Forrester das Leben der damaligen Zeit beschreibt und 2. das Hornblower Karriere macht ohne permanent kriegsentscheidene Seeschlachten im Alleingang gewinnt.
Das zweite Aha Erlebnis war das Buch des Historikers Marcus Junkelmann „Die Legionen des Augustus“ von 1986. Junkelmann und seine sieben Gefährten marschieren als Legionäre mit Kettenhemd, Schild, Speer und Gepäck 23 Tage bei Wind und Wetter von Verona über die Alpen nach Augsburg anlässlich der 2000 Jahr Feier der Stadt.
Dieses archäologische Experiment faszinierte meinen älteren Bruder Rainer und mich. Schon seit unserer Schulzeit interessierten wir uns beide sehr für die römische Geschichte. In vielen Gesprächen entstand dann Mitte der 90er der Gedanke, die oben genannten Komponenten zu verbinden. Das fiktive Leben eines Römers in der Legion zu beschreiben und dabei den Schwerpunkt auf den Alltag zu legen und ihn nicht dauernd das Imperium retten zu lassen.
Das Quellenstudium:
„Das wichtigste beim Schreiben ist zu schreiben!“ (Sean Connery; Forrester Gefunden)
Wenn man einen historischen Roman der in der Römerzeit spielt schreibt kommt das Quellenstudium als genauso wichtige Komponente dazu. Die Zeit in der das Buch spielen sollte ursprünglich die Jahre 17 bis 15 v. Chr. dehnte sich im Laufe des Schreibens auf 20 bis 14 v. Chr. aus. Dies war im römischen Reich eine Zeit der Konsolidierung einerseits und der Veränderung andererseits.
Was dachten die Menschen damals? Was waren die Ereignisse die sie beschäftigen? Wie verbrachte der reiche Römer seinen Tag, wie einer aus der Mittelschicht?
Da steigen unwillkürlich die Bilder der bekannten Hollywood Filme vor dem geistigen Auge auf. Das die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen ist allgemein bekannt, aber um trotzdem zwei Beispiele zu nennen die in Büchern und Filmen die immer wieder auftauchen: Es gab ihm antiken Rom keine Galeerensklaven und Gladiatorenkämpfe waren ein Zweikampf mit Schiedsrichter und kein jeder gegen jeden Gemetzel.
Zu den „Die Legionen des Augustus“ kamen im Laufe der Jahre die antiken Autoren (Tacitus, Frontin, Cassius Dio, Caesar, Sueton etc.) und die modernen (Hans Dellbrück (Kriegskunst der Antike), Domaszewski (Die Rangordnung des römischen Heeres) und Goldsworthy (Die Legionen Roms, die Kriege der Römer)) die ausführlich die römischen Legionen und ihre Feldzüge beschreiben.
„Alltag im alten Rom“ und „Die Weinkultur der Römer“ (Karl-Wilhelm Weeber); „Die Römer in…“ Reihe des Nikol Verlag; „Augustus“ (Jochen Bleicken); „Die römische Revolution“ (Ronald Syme) und andere vermittelten mir ein facettenreiches Bild der augusteischen Ära.
Varus und die 19. Legion:
Eine große Veränderung gegenüber der ersten Planung war, dass Lucius nicht mehr mit Drusus und der XXI Rapx von Verona aus gegen die Raeter sondern mit Tiberius und der XIX Legion von Basel gegen die Vindelicer zog.
Da tauchte die Frage auf. Wer sollte der Legat der 19. Legion sein?
Es war für diese Zeit kein Legat namentlich bekannt, so dass mir alle Möglichkeiten offen standen. Da Tiberius sein erstes selbstständiges Kommando hatte, sollte sein Unterfeldherr erfahren genug sein ihn zu unterstützen, aber nicht über so viel Prestige verfügen wie z. B. ein ehemaliger Konsul, dass er dem Kaiserhaus den Glanz nimmt. Also jemand der erst Konsul werden würde. Durch die Konsulatslisten hatte ich eine Reihe historische Personen zur Auswahl und Voilà im Jahre 13 v. Chr. waren Tiberius und der berühmte Publius Quinctilius Varus gemeinsam Konsul. Das ausgerechnet Varus der fast dreißig Jahre später mit der 19. Legion unterging, bereits in meiner Geschichte ihr Kommandeur war, war zu verlockend um es nicht zu verwenden.
2009 wurden auf Grund der 2000 Jahr Feier zahlreiche Bücher zu dem Thema Varusschlacht veröffentlicht und in mehreren taucht auf einmal die Vermutung auf das Varus im Jahre 15 v. Chr. der Legat der 19: Legion war.
Damit schließt sich der Kreis zu Forrester und Hornblower. Forrester beschreibt in seinem letzten Hornblower Buch „Zapfenstreich“, wie ihm ein befreundeter Historiker erklärte es wäre bekannt, dass britische Streitkräfte die Russen 1812 in der Ostsee unterstützt hätten, aber genauere Informationen hätte er leider nicht. Was wären Forrester Quellen für das Buch „Der Kommodore“?
Forrester musste erklären, gar keine, er habe sich das alles nur ausgedacht.